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  • Writer's pictureMarkus Sommer

Der Druck wächst - weitere Chromat- Warnungen aus aller Welt

Liebe Leserinnen und Leser,


der mediale Druck bei der Berichterstattung über die Bildung von sechswertigen Chromverbindungen (#Cr6-Verbindungen) wie z.B. Calciumchromat (CaCrO4) oder Natriumchromat (Na2CrO4) wächst und viele Einzelberichte, die aus der ganzen Welt kommen, fügen sich zu einem Ganzen zusammen und zeigen die ganze Katastrophe:



Nur aus dem deutschsprachigen Raum hört man (noch) nichts, aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis dieses bisher erfolgreich verschwiegene Thema auch den deutschen Markt erreicht.


Vielleicht, weil gerade dort Arbeitssicherheit und Umweltschutz ein höheres Gewicht haben, oder sollte man besser sagen - haben sollten?


Die neuesten Entwicklungen:



Hinweise über Chromatbildungen bei der Verwendung von Isolierungen auf BHKW-Motoren
Sicherheitshinweis "Calciumchromat"-Entstehung bei Isolierungen von BHKW-Motoren

"Das in rostfreiem Stahl enthaltene Chrom kann sich als Rückstand auf den äußeren und manchmal auch auf den inneren Motor- oder Turbinenkomponenten ablagern. Bei diesem Chrom handelt es sich um sechswertiges Chrom (Cr6+), das krebserregend ist und die Haut und die Atemwege sensibilisiert.
Es bildet sich, wenn Metall in einer oxidierenden oder korrosiven Umgebung mit kalziumoxidhaltigen Materialien, wie Gewindedichtungen oder Isolierungen, in Kontakt kommt.
Die Bildung von Cr6+ nimmt bei erhöhten Temperaturen zu und erscheint oft als gelber oder weißer Rückstand auf Motorenteilen und angrenzenden Isolationsflächen."

Was jedoch nur wenige wissen, ist, dass der ursprüngliche Link, auf den sich diese Warnmeldung bezieht, in der Zwischenzeit gelöscht wurde.


In einem vertraulichen Gespräch auf einer #Biogas-Messe in Europa wurde uns hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt, dass der Löschbefehl wohl "von ganz oben" aus der Firmenzentrale kam.


Um Urheberrechtsdiskussionen zu vermeiden, möchten wir hier unsere eigenen Fotos zeigen, die eine deutliche Chromatbildung (Calciumchromat; <CaCrO4>) an heißen Motorteilen zeigen, die wir selbst bei einer Motorenrevision aufgenommen haben, bitte sehen Sie selbst:



Die sechswertige Chromverbindung Calciumchromat hat sich auf dem Abgasrohr des Motors zwischen der Isolierung und dem Abgasrohr gebildet und eingebrannt. Andere Chromatpartikel wurden in die frei zugänglichen Bereiche herausgeblasen
Calciumchromat (Chrom (VI)-Verbindung) auf einem Motor (Abgasrohr)

Der sog. "Chrom (VI)-Schnelltest" zeigt die Kontaminierung des Motors mit der krebserregenden sechswertigen Chrom-Verbindung Calciumchromat (krebserregend Carc. 1B)
Chrom (VI)-Nachweis (Calciumchromat) Abgasrohr

weiter heißt es im Warnhinweis:


Was ist falsch gelaufen?


  1. Das Vorhandensein dieser Rückstände und die Art ihrer Entstehung waren bis vor wenigen Jahren nicht bekannt.

  2. Der Rückstand kann oft mit Schwefel verwechselt werden und ist mit typischen Natriumlampen zu sehen.

Doch woher kommt das gelblich-pulvrige Calciumchromat oder wie kann es entstehen?


Um dieser Frage nachzugehen und sie verlässlich beantworten zu können, müssen wir, wie bereits erwähnt, ein wenig mehr Ursachenforschung betreiben; die chemische Formel lautet z.B.:


Cr2O3 + 2Cao + 3/2 O2 => 2CaCrO4

<1> <2> <3> <4>


<1> Chrom(III)-Verbindung | Quelle: nichtrostende Stahllegierungen


<2> Calciumoxid | Quelle: ??


<3> Sauerstoff | Quelle: Umgebungsluft


<4> Calciumchromat | Ergebnis



Oxidation von Cr (III) zu Cr (VI) [CaCrO4] in Gegenwart von Calciumoxid (CaO)
Oxidation von Cr (III) zu Cr (VI) [CaCrO4] in Gegenwart von Calciumoxid (CaO)


Das Diagramm zeigt, wie sich der Calciumgehalt unter dem Einfluss der Temperatur auf die Hochoxidation von Chrom (VI) aus Chrom (III)-Verbindungen auswirkt.


Ab einem Temperaturbereich von über 250°C beginnt der Oxidationsbereich bis zu einem Temperaturbereich von ca. 850°C anzusteigen.


Das ist genau der Temperaturbereich, in dem BHKW-Motoren oder Turbinen betrieben werden!

Um also das Problem der Calciumchromatbildung zu lösen, muss man die Calciumquelle suchen und finden!


Doch diese ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu finden.


Um die Chrom(III)-Verbindung ausfindig zu machen, ist auch eine Edelstahl- oder chromhaltige Oberfläche erforderlich.


Beide Quellen finden wir in einem Bauteil, das nicht immer direkt z. B. zu einem KWK-Motor gehört.


Es ist die Isolierung, die oft in textiler, häufig aber auch in metallischer Form geliefert wird, um die Systemtemperatur des Motors zu isolieren, d.h. Wärme zu speichern, für weniger Abstrahlung zu sorgen etc. pp.

Früher wurde es lapidar als Hitzeschutz abgetan, heute ist es ein wichtiger Bestandteil der Abgasnachbehandlung in vielen Verbrennungssystemen, führt aber immer ein gewisses Schattendasein, weil es zum einen die Optik des Motors nicht unbedingt verbessert und in textiler oder matten Form auch stört und Staub erzeugt.


Diese vom oben gezeigten Motor abmontierten Halbschalen enthalten Chrom, wir haben also die Quelle des Chroms gefunden.


Diese Halbschalen enthalten Dämmstoffe als Matten oder Gelege, oder sie sind verdichtet und mit einem Dämmstoff (umgangssprachlich: Dämmwolle) gefüllt, dem eigentlichen Kern einer Schalenisolierung

.

Was nicht jeder weiß:


Über 90% aller auf dem Markt befindlichen Dämmstoffe enthalten Calcium in unterschiedlichen Masseneinheiten (zwischen 15 und 40%). Wenn sie kein Calcium enthalten, enthalten sie Natrium oder Kalium oder ein Gemisch aus anderen Metallen, die Alkali- oder Erdalkalimetalle enthalten, die, wie die Grafik zeigt, bei Temperatur ebenfalls zur Bildung von Chromaten führen!



Einfluss alkalischer oder erdalkalischer Metalle auf die Chromatentstehung
Einfluss alkalischer oder erdalkalischer Metalle auf die Chromatentstehung

Und so können wir auch behaupten, dass wir die für den eingangs beschriebenen Hochoxidationsprozess (Chrom (III) zu Chrom (VI)) notwendigen Komponenten (Quellen) lokalisiert haben, die Kalziumquelle ist einfach der Dämmstoff!


Im Auslieferungszustand enthält der Dämmstoff, ob metallisch als Halb- oder Vollschale, jedoch keine Chrom(VI)-Verbindungen und somit sind alle Sicherheitsdatenblätter der Hersteller einwandfrei.


Das eigentliche Dilemma, bekannt als #TheChromateDisaster, beginnt erst mit der Inbetriebnahme der Anlagen, d.h. mit der steigenden und später dauerhaften Betriebstemperatur.


Bei metallischen Halbschalen findet die Bildung von Calciumchromat unbemerkt statt!


Das Calciumchromat bildet sich im Inneren der Halbschalen, nämlich genau dort, wo der calciumhaltige Dämmstoff und die chromhaltige Umhüllung bei höheren Temperaturen dauerhaft chemische Verbindungen eingehen.


Und so verbindet sich das harmlose Calciumoxid des Dämmstoffes mit den harmlosen Chrom(III)-Verbindungen der Edelstahlfolie, wird aber durch die Temperatur zu dem nicht mehr verschwindenden und leider krebserregenden Element #Calciumchromat!

 

Es handelt sich also in der Tat um eine mehr als unglückliche thermochemische Kettenreaktion, an die man bisher leider nicht gedacht hat, die aber nun die gesamte Branche mit Wucht trifft und vor neue Herausforderungen stellt.


Im Prinzip kann jede KWK/BHKW-Maschine und jede Dampf- oder Gasturbine betroffen sein, egal von welchem Hersteller, denn fast überall treffen edelstahlhaltige Bauteile mit kalziumhaltigen Isolierelementen bei hohen Temperaturen zusammen, was das oben beschriebene Bildungsschema wahrscheinlich macht.


Gleiches gilt leider auch für Rohrleitungen und Automobilkomponenten, wenn sie z.B. Edelstahllegierungen enthalten, was insbesondere bei den neuesten Abgasnachbehandlungssystemen (Euro 6, Bharat 6, Tier 5, etc.) leider der Fall ist.

 

Da Calciumchromat als krebserzeugend (Carc. 1B) und als besonders besorgniserregender Stoff (SVHC) eingestuft ist, auf der #REACH-Liste steht und mit den H-Sätzen H350 (kann Krebs erzeugen) und H410 (sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung) versehen ist, gelten besondere Arbeitsschutzvorschriften (ArbSchG) und die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) muss angewendet werden.


Die Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen wissen, was das bedeutet:



  • Gefahrenbeurteilungen

  • S-T-O-P-Prinzip; Substitutionspflicht

  • Expositionsverzeichnis (40 Jahre Aufbewahrungsfrist!)

  • länderspezifische Entsorgungsvorschriften (Sonderabfallverordnung)






Unter all diesen Aspekten wird jede Turbinen- und Triebwerksüberholung in Zukunft zu einer besonderen Baustelle.


Weitermachen wie bisher mag vielleicht noch eine Weile funktionieren, aber es ist eine Frage der Zeit, wann Berufsgenossenschaften, Gewerbeaufsichtsämter und Verbraucherschutzorganisationen o.ä. Kontrollen durchführen werden.


Die ersten Landesämter in Deutschland bereiten zum Beispiel gerade die ersten Kontrollmaßnahmen vor, das wissen wir aus sicheren und vertrauenswürdigen Quellen!

 

Hinweise zu den oben verwendeten Bildern:


Es könnte vielleicht der Eindruck entstehen, dass das beschriebene Problem nur auf einen bestimmten Motorhersteller oder eine bestimmte Art der Wärmedämmung zurückzuführen ist, wie am Anfang dieses Newsletters dargestellt.


Wie Sie jedoch auf den folgenden Bildern sehen können, sind auch (fast) alle anderen Arten von Wärmedämmung betroffen:



Textile Isolierung Gasmotor; der Faserabrieb zeigt Spuren der Chrom (VI)-Verbindung Calciumchromat
Textile Isolierung Gasmotor; der Faserabrieb zeigt Spuren der Chrom (VI)-Verbindung Calciumchromat


(Links: Cr6-Nachweis Turbinenisolierung | Mitte: Cr6-Nachweis Edelstahlflansch | Rechts: Cr6-Nachweis Isoliermatratze)


#TheChromateDisaster ist ein allgemeines und kein spezifisches Problem!

Mehr zur ebenfalls mehr als bedenklichen Chromatproblematik, z.B. bei Gas- und Dampfturbinen, im nächsten Blogbeitrag.


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