Chrom (VI) im Motorraum
- Markus Sommer
- 9. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juli
Ein ganz normaler PKW mit Abgasnachbehandlungssystem, calciumhaltige Isolationsmaterialien, „sauerstoffoffen“ angebracht.
Beste Bedingungen also für die Entstehung krebserregender Chrom (VI)-Verbindungen (Chromate).
Chemie lügt nicht! Auch nicht im Motorraum.
Anfangs wurden die sog. „Metallheissteile“ der Abgasnachbehandlung mit einer aufgeschweißten Integraldämmung versehen; das Bauteil wurde mit einem Dämmstoff ummantelt und dann mit einer Schutzfolie versehen, die wiederum mit dem Heissteil fugendicht verschweißt wurde.
Im Laufe der Zeit war es dann Zeit für Einsparungen, denn der Integraldämmer musste das Heissteil bei sich haben, um den o. g. Prozess durchführen zu können, was einen hohen logistischen Aufwand bedeutete.
Also kam man auf die Idee, Halbschalen zu entwickeln, die man während der Endmontage beim Fahrzeugbauer direkt anbringen konnte.
Die Halbschalen wurden als Sandwich gefertigt, direkt zum Automobilhersteller geliefert und konnten mit wenigen Handgriffen montiert werden;
geschweißt werden musste nicht mehr - einfaches Clipsen und das Umlegen einer Montagefalz ersetzten den bislang aufwändigen Schweissvorgang.
Doch das prinzipiell ökonomisch und logistisch sinnvolle Konzept hat einen entscheidenden Nachteil, denn es ist „sauerstoffoffen“ und somit empfänglich für die thermochemische Reaktion der Chromatentstehung, denn nur mit zusätzlichem Sauerstoff aus der Umgebungsluft ist der chemische Prozess möglich.
Aber das Problem wird noch umfangreicher, denn calciumhaltige Isolationsfasern lösen sich aus den Halbschalen und der Wärmestrom „bläst“ sie heraus und dann können sich die Fasern sozusagen überall absetzen, leider auch auf nicht gedämmten Edelstahlheissteilen und dann findet die Chromatentstehung dort zusätzlich statt, wie das Video eindrücklich zeigt:
Die betroffenen Fahrzeuge?
Alle PKW- und LKW-Motoren, die über eine solche Wärmedämmung (Heat Shield) verfügen.
Die Konsequenzen sind nicht abzuschätzen, denn für Chrom (VI)-Verbindungen gibt es keine Schwellenwerte. Für Autowerkstätten und Servicebetriebe entstehen kostenintensive Herausforderungen, denn Chromate sind hautresorptiv („h“) und gemäß TRGS 401 gilt der hohe Risikobereich schon bei geringen Mengen und kurzer dermaler Kontaktzeit.
Eine weitere Hürde ist die H410-Klassifizierung von Chrom (VI)-Verbindungen, die höchste Umweltschädlichkeitseinstufung die es gibt.
Selbst Asbestfasern oder Glyphosat sind nicht als H410 eingestuft, wohl aber Arsen- und Quecksilberverbindungen.
Wir werden die zuständige Berufsgenossenschaft und andere Ämter auf die neuesten Erkenntnisse hinweisen und aktualisieren hier den Verlauf dieser besorgniserregenden Neuigkeiten.
Sollten Sie solche Isolierungen mit sauerstoffoffenen Enden in Ihrem Fahrzeug vorfinden, seien Sie bitte vorsichtig!
Ihr Händler und Servicebetrieb und auch der Fahrzeughersteller wird vermutlich versuchen, das Thema zu bagatellisieren , lassen Sie sich nicht hinhalten oder täuschen!


Fahrzeugbilder: MB E220 bluetec (Baujahr: 2018)
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